Vom Umgang mit Investorenmodellen

Die Insolvenzmeldung für die Eigentümerfirma des ehemaligen „Schnablwirts“ in Going sorgte vergangene Woche für Aufsehen. Mittels Investorenmodell hätte ein Apartmenthaus entstehen sollen, nun blickt das Haus im Dorfzentrum einer ungewissen Zukunft entgegen. Die Finanzierungsmethode rückt einmal mehr in den Fokus: welche Handhabe hat die Gemeinde, wenn ein Projekt „nicht funktioniert“?

Bezirk | Bei der jüngsten Gemeinderatssitzung in Going nahm Bürgermeister Alexander Hochfilzer zur Causa Stellung: „Wir haben schon Kontakt mit dem Masseverwalter aufgenommen. Wir werden uns von Anfang an bei der Versteigerung einbringen und klar kommunizieren, was einem potenziellen Käufer von Gemeindeseite aus möglich ist. Wie viel Einfluss wir wirklich nehmen können, wird sich zeigen -aber wir versuchen zumindest, alle Hebel in Bewegung zu setzen. Die Situation ist keine einfache, das Gebäude ist im desolaten Zustand und Corona tut auch sein Übriges, dass es für einen Touristiker vielleicht nicht der ideale Zeitpunkt ist, dort zu investieren. Wir hoffen dennoch, dass sich das Thema Schnablwirt für die Gemeinde zum Positiven entwickelt.“

Gerber: „Braucht politische Lösungen“

Mario Gerber, Obmann der Fachgruppe Hotellerie in der Wirtschaftskammer Tirol, hält gegenüber dem Anzeiger fest: „Ich bin derartigen Finanzierungsmodellen immer sehr kritisch gegenüber gestanden, weil einfach vieles nicht geklärt ist.“ Man solle sich überlegen, ob es Sinn macht, ein touristisches Projekt zu starten, wenn man die Finanzierung nicht auf klassischem Weg zustande bringt. Er verweist auf erste Maßnahmen des Landes, um Gemeinden eine Art Wegweiser in die Hand zu geben. Weitere Regeln sollen folgen: „Leider ist uns da Corona dazwischen gekommen. Wenn diese Krise sich legt, braucht es politische Lösungen.“ Es besteht immer wieder die Befürchtung, dass derartige Projekte sich in illegale Freizeitwohnsitze verwandeln. Zudem wisse man auch nicht: „Was ist mit diesen Häusern in 15 Jahren?“, so Gerber.

Die Pandemie führt allerdings dazu, dass auch heimische Betriebe knapp an Eigenkapital werden. Sie sollten sich aber nicht auf derartige Modelle verlassen, rät Gerber, sondern er plädiert auch hier für Hilfestellungen aus der Politik.

„Investorenmodelle gewinnen Bedeutung“

Thomas Reisenzahn von der Tourismusberatungsagentur Prodinger sieht aber gerade das Coronavirus als großen Treiber: „Investorenmodelle gewinnen an Bedeutung, weil Hoteliers liquide Mittel aufgebraucht haben.“ Wie eine Gemeinde bei diesem Prozess positiv mitgestalten kann, sei in der Tat eine Gretchenfrage: „Ich merke immer wieder, dass Gemeinden mit der Frage total überfordert sind. Mein Rat lautet: Sie müssen mit Spezialisten ans Werk gehen.“ Gerade im Bezirk gehe so mancher Investor mit falschen Erwartungen an die Planungen: „Viele Entwickler kommen in den Raum Kitzbühel und glauben, sie können Zweitwohnungen machen. Das geht natürlich gesetzlich überhaupt nicht. Die Ernüchterung kommt dann sofort.“

Der Gemeinde als Bauinstanz komme aber eine große Bedeutung zu, sowohl bei Neuals auch bei Umbauprojekten. Eine gewisse Handhabe ist also durchaus vorhanden. Wie man vorgehen kann, wenn bereits eine „Ruine“ im Dorf steht, zeigt übrigens das Beispiel Bad Gastein auf: Mit strategischer Planung durch Experten entwickelte der Tourismusort ein Konzept, um Hotels und Betriebe gezielt wieder neu anzusiedeln und die alte Substanz zu beleben. Fragt man Thomas Reisenzahn noch nach den Renditen, die ein Investor vernünftigerweise für eine Beteiligung an einem Hotelprojekt erwarten kann, lautet die Antwort: „Realistisch sind drei bis vier Prozent – wieder nach Corona. 7 bis 8 Prozent sind unseriös.“

Investorenmodelle“ sind grundsätzlich nur ein Mittel zur Kapitalbeschaffung. Sie haben auch einige Fallstricke.

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